Von: Hartmut Plicht
„Staatsallianz“ fordert Kurskorrektur im öffentlichen Dienst
Aus Sorge vor wachsender Staatsverdrossenheit des öffentlichen Dienstes haben sich dbb beamtenbund und tarifunion (Dachverband der DJG), Deutscher Richterbund und Deutscher Bundeswehrverband zu einer „Staatsallianz“ zusammengeschlossen und eine Kurskorrektur bei Einstellungs-, Bezahlungs- und Arbeitsbedingungen gefordert.
Die Beamten, Richter und Staatsanwälte sowie Soldaten garantieren an 365 Tagen im Jahr eine effektive, unabhängige und verlässliche Erledigung hoheitlicher Aufgaben. Aufgrund von Sparrunden, Privatisierungswellen und Reformaktionismus ist all dies in akuter Gefahr. Motivation und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sind stark beschädigt, unter den Staatsdienern macht sich Staatsverdrossenheit breit.
Den muss entschieden entgegengesteuert werden. Dazu wurden
„10 Thesen für einen starken öffentlichen Dienst“
aufgestellt.
1. Berufsbeamtentum stärken!
Die Beamten, Soldaten, Richter und Staatsanwälte garantieren eine effektive, unabhängige und verlässliche Erledigung hoheitlicher Aufgaben. Um die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber im Wettbewerb um die besten Köpfe auf dem Arbeitsmarkt zu sichern, müssen ihre Besoldung und Arbeitsbedingungen verbessert werden. Das Streikverbot darf nicht angetastet werden.
2. Personal- und Fachkräftemangel überwinden!
Dem öffentlichen Dienst fehlen über 30.000 qualifizierte Fachkräfte (v.a. Ingenieure, ITSpezialisten, Techniker, Ärzte, Naturwissenschaftler, Lehrer). In der Justiz fehlen bundesweit mehr als 2.000 Richter und Staatsanwälte, und die Bundeswehr allein benötigt derzeit Jahr um Jahr etwa 60.000 Bewerber, um daraus die Besten für den Dienst als Soldat auszuwählen. Die Personalausstattung ist aufgrund der massiven Stellenkürzungspolitik der vergangenen Jahre auf ein Minimalmaß geschrumpft, auf das die demografische Unwucht voll durchschlagen wird: In den kommenden Jahren verlassen mehr als 700.000 Beschäftigte altersbedingt den öffentlichen Dienst. Wer ihre Arbeit übernehmen soll, ist unklar. Eine weitere Verdichtung von Aufgaben ist unmöglich und dem verbliebenen Personal nicht zumutbar. Um auf einem zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt konkurrenzfähig bleiben zu können, müssen Einstellungs-, Einkommens- und Arbeitssituation durchgreifend verbessert werden.
3. Föderalismusreform korrigieren!
Der „Wettbewerbsföderalismus“ gefährdet die flächendeckende Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Wir brauchen einheitliche Standards bei Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrecht. Ein überzogener Föderalismus hat hier ebenso negative Auswirkungen wie das Kooperationsverbot im Bildungsbereich.
4. Staatsfinanzen konsolidieren!
Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden müssen zukunftsfest gemacht werden. Gleichzeitig ist es ein Gebot der Generationengerechtigkeit, das Altschuldenproblem zu lösen.
5. Renten und Pensionen sichern!
Eine Einheitsrentenversicherung für alle ist kein Beitrag zur Stabilisierung der Alterssicherungssysteme und nicht finanzierbar. Vielmehr müssen die betriebliche Altersversorgung und die partielle Kapitaldeckung in allen Versorgungssystemen gestärkt werden. Das gilt insbesondere auch für die eigenständige Beamten- und Soldatenversorgung. Pensionäre und Rentner müssen an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben.
6. Bürgerversicherung verhindern!
Mit einer Bürgerversicherung wäre der Weg in eine Einheitsversicherung vorgezeichnet, die die demografisch bedingten Finanzprobleme von Kranken- und Pflegeversicherungen nicht lösen kann. Ohne Wettbewerb würde das Leistungsniveau für alle sinken, das zeigen Beispiele aus anderen Ländern, die diesen Weg beschritten haben. Eine Preisgabe von Beihilfe, Heilfürsorge und unentgeltlicher truppenärztlicher Versorgung würde zudem die Attraktivität des öffentlichen Dienstes massiv beschädigen und die öffentlichen Kassen zusätzlich erheblich belasten.
7. Koalitionsfreiheit ist unantastbar!
Eine gesetzlich erzwungene Tarifeinheit widerspricht der Pluralität unserer Gesellschaft und verstößt gegen die Koalitionsfreiheit im Grundgesetz – eine Verfassungsklage wäre unausweichlich.
8. Öffentliche Dienste für ganz Deutschland!
Der Rückzug des Staates in die Ballungsräume muss gestoppt werden. Auch in den ländlichen Räumen haben die Bürger ein Recht auf ein flächendeckendes Leistungsangebot des Staates, auf die Versorgung mit Sicherheit, Bildung, Gesundheitsdiensten sowie auf eine bürgernahe Justiz.
9. Öffentliches Dienstrecht modernisieren!
Die Einstiegsbedingungen für qualifizierten Nachwuchs sind zu verbessern, der Ausstieg aus dem Berufsleben ist zu flexibilisieren. Das Potential von Frauen ist verstärkt zu nutzen; moderne familien- und karrierefreundliche Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle sind auszubauen.
10. Personalvertretungsrechte ausbauen!
Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst und eine starke Dritte Gewalt brauchen eine umfassende Mitbestimmung der Beschäftigten an sozialen, personellen und organisatorischen Entscheidungen. Das Beteiligungsniveau muss angehoben und der Themenkatalog erweitert werden.
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